Verzicht - Leisten
Wir stehen mitten in der österlichen Bußzeit. Aufgerufen sind wir, sieben Wochen Verzicht zu leisten, uns so auf Ostern vorzubereiten. Viele Möglichkeiten gibt es, uns einzuschränken, auf liebgewordene Dinge und Gewohnheiten zu verzichten. Die Aktionen Misereor und „Sieben Wochen ohne“ unterstützen diese Bemühungen mit Vorschlägen. Warum sollen wir aber eigentlich verzichten? Es geht um gelingendes Leben. Auf Liebgewordenes zu verzichten, das bei näherem Hinschauen eigentlich unser Leben belastet, kann neue Horizonte und andere Perspektiven zu glückendem Leben eröffnen. Als Opfer für Gott ist Verzicht ungeeignet. Der uns von Jesus geoffenbarte Gott bedarf keiner Opfer, muss nicht durch bestimmte Taten besänftigt werden. Hinter der Vorstellung, man könnte sich durch Verzicht-Leisten den Himmel erkaufen, steckt das Bild eines Krämergottes. Leistung ist kein Name Gottes! Gottes Barmherzigkeit ist gratis, umsonst.
Im Jahr 1972 erschien die Studie des Club of Rome mit dem Titel „Die Grenzen des Wachstums“. Drastisch wurde erläutert, wohin stetiges Wachstum der Wirtschaft führt - letztlich zur Vernichtung unserer Lebensgrundlagen. Die Wirkung damals war groß. Doch heute schauen alle Parteien wieder gebannt auf die Wachstumszahlen. Unsere Wirtschaft funktioniert nur, wenn es immer weiter bergauf geht – zu Lasten der Völker des globalen Südens und der Umwelt. Wirtschaftsmodelle, die sich am Wohl der gesamten Menschheit orientieren, gibt es genug, aber die haben in unserer Gesellschaft keine Chance. Weil viele nicht bereit sind auch zu geringem Verzicht, hat ein großer Teil der Menschheit nicht das Lebensnotwendige. Die meisten von uns können verzichten, weil wir im Überfluss leben. Weltweit haben viele gar nichts, auf das sie verzichten könnten! Wir haben das große Privileg, Verzicht üben zu können. Vielleicht nutzen wir diese Fastenzeit zum bewussten Verzicht für mehr Gerechtigkeit sowohl in unserer Gesellschaft wie weltweit. Gerechte Verteilung der Güter in einer bewahrten Schöpfung ist zudem eine Voraussetzung für Frieden.
Wolfram Viertelhaus, Lehrer i.R. Wittlich