Palmsonntag
Dieses Wochenende feiern wir den Palmsonntag und somit der Beginn der Karwoche. Jesus zieht in Jerusalem ein. Die Menschen, sie jubeln ihm zu. Ihre Erwartungen, jetzt kommt da einer der hilft uns, der rettet uns. Sie feiern ihn wie ein König, legen die Kleider vor ihm nieder und jubeln. Und dann? Passiert erstmal keine Rettung, jeden Falls nicht direkt. Und nach der anfänglichen Euphorie gehen sie wieder dem normalen Leben nach. Vielleicht sind sie auch enttäuscht, da haben sie so große Hoffnung in diesen Jesus gesteckt und es passiert jetzt doch nichts. Die Hoffnung auf die Rettung bleibt aus. Das einzige was jedoch in den nächsten Tagen passiert, ist, dass der ganze Jubel umschlägt in eine Hetzjagd. Die Menschen, die noch an Palmsonntag Jesus zugejubelt haben, fordern Tage später sogar die Hinrichtung am Kreuz. Mit dem Palmsonntag beginnen wir Christen die Karwoche oder auch Heilige Woche (Karwoche leitet sich aus dem althochdeutschen Wort Kara ab und bedeutet Klage, Kummer, Trauer). Diese Woche ist so voll gepackt mit Gegensätzen. Palmsonntag der jubelnde Einzug von Jesus in Jerusalem, Gründonnerstag das letzte Abendmahl mit der Gefangennahme im Garten von Getsemani, Karfreitag die Hinrichtung Jesu am Kreuz und erst am Ostermorgen dürfen wir erfahren, dass Jesus doch das Versprechen Gottes einhält und er uns wirklich rettet. Wenn wir so nun mit Beginn des Palmsonntags die Karwoche feiern, dürfen wir uns die Fragen stellen, haben wir Menschen aus der Geschichte von damals wirklich was gelernt? Oder sieht es nicht eher so aus, dass auch wir Menschen zu jubeln, sie vielleicht sogar einmalig und ganz besonders finden, weil sie unserer Meinung nach etwas Gutes im Leben machen oder sogar eine Meinung vertreten, die wir gerne unterstützen. Diese Menschen werden für uns zu einem Idol, von dem wir erwarten, dass er/sie immer weiß wie das Leben richtig gelebt werden soll. Doch was passiert mit diesen Menschen, wenn sie plötzlich nicht mehr die Erwartungen erfüllen oder sogar die Erwartungen enttäuschen. Dann passiert es auch heute noch, dass aus dem Jubelschrei plötzlich eine Verurteilung oder im schlimmsten Fall sogar eine Hinrichtung entsteht. Haben wir wirklich nichts von damals gelernt? Lassen wir uns dieses Jahr von der Karwoche mit Beginn des Palmsonntags, dem Gründonnerstag und dem Karfreitag einladen, genau hinzuschauen und vielleicht entdecken wir dann neu, dass uns Gott in jedem Menschen begegnen möchte. Auch dann, wenn persönlichen Erwartungen, Vorstellungen oder Hoffnungen vielleicht gerade nicht erfüllen werden. Begegnen wir jedem Menschen mit der Liebe, die Gott uns immer wieder neu schenkt. Denn eins ist für uns sicher, Gott hat seinen Sohn für uns am Kreuz geopfert, damit alle Menschen Ostern wirklich erleben dürfen.
Katrin Ehlen, Krankenhausseelsorgerin und Trauerbegleiterin (BVT)