Orientierung finden
Orientierung finden
Ich war vor Kurzem mit einer Gruppe zum Wandern in den Bergen unterwegs. Wir wurden
hervorragend geführt und unsere Begleiterin versprach: „Mit mir gehen Sie heute Wege, die in keiner
Karte eingezeichnet sind.“ Wir haben uns auf besondere Trampelpfade mit besonderen Ausblicken
gefreut. Gut, dass ich den Weg nicht kennen muss und mich auf sie verlassen darf, dachte ich mir.
Eine Sicherheit brauche ich jetzt, um mich ganz auf mich konzentrieren zu können. Diese Wanderung
wurde dann auch zu einem Erlebnis, weil nicht nur die Wege sehr abwechslungsreich waren, sondern
auch die Natur sich uns von ihrer schönsten Seite präsentierte. Im Gehen blieb ich immer wieder an
dem Gedanken hängen, dass ich dieses Erlebnis nie ohne diese Wanderführerin gefunden hätte und
gleichzeitig wurde mir bewusst, dass die beeindruckende Natur in diesem Moment mein persönliches
Geschenk war. Mein Herz öffnete sich und meine Wahrnehmung intensivierte sich. Alle, die ähnlich
gerne wandern oder spazieren gehen, werden diese Erfahrung kennen. Man kommt nicht nur mit sich
selbst mehr und mehr in Einklang, weil sich die Gedanken sortieren können, sondern die eigene
Aufmerksamkeit für die Mitmenschen und alles drumherum verändert sich.
Durchatmen, sortieren, in Balance kommen und nachdenken geben Kraft und Orientierung. Es könnte
doch im Leben alles so einfach sein, wenn ich immer jemandem folgen könnte, der es gut mit mir
meint und den Weg für mich kennt, dachte ich mir. Dieser Gedanke ließ mich auf unserer Wanderung
nicht mehr los, weil ich wusste, dass der Alltag bald wieder Anforderungen und Entscheidungen von
mir erwartete.
Und dann gab uns unsere Begleiterin auch diesen Hinweis: Für wen und durch wen wurde denn diese
wunderbare Natur geschaffen?
Ein ganz weiter Horizont machte sich in mir auf und es wurde eine Gewissheit deutlich, dass meine
Begeisterung für diese Natur aus meiner Beziehung zu Gott heraus erwachsen ist.
Wenn er mich persönlich meint und mir zeigen will, was gut für mich ist, dann liegt es vielleicht auch
an meiner Aufmerksamkeit, wenn ich manchmal orientierungslos bin.
Im Weitergehen und in den nächsten Tagen wurde diese Erkenntnis immer mehr gefestigt, dass ich
nicht allein durchs Leben gehe. Im Austausch in der Wandergruppe wurden die Gespräche sehr
persönlich und schwierige Erfahrungen schienen erträglicher. Wir sind auf dieser Welt gemeinsam
unterwegs und obwohl wir alle sehr unterschiedlich sind, können wir uns gegenseitig Zuversicht
geben. Ich freute mich auf meine Lieben zuhause, die mich in meinem Leben schon lange begleiten
und mir wichtig sind.
Aufmerksam sein, um Antworten auf Fragen im Leben zu finden, die ich mir gerade stelle, ist eine
große Herausforderung. Wahrzunehmen, wer und wie wir erkennen, was Gott uns gerade deutlich
machen und zeigen will, scheint mir eine große Übungsaufgabe zu sein.
In dieser Wanderführerin entdeckte ich plötzlich mein Gottvertrauen und meine Begeisterung für die
Natur wieder neu. In dieser persönlichen Aufmerksamkeit wuchsen in mir in diesen Tagen verstärkt
eine Zuversicht und eine Hoffnung, dass Gott und meine Mitmenschen mir Orientierung geben
möchten.
Roland Hinzmann
