Die zwei Seiten des "Komm!"
„Komm rein, es ist schon spät“. Mir klingt noch heute die Stimme meiner Mutter im Ohr, wenn ich als Kind abends vom Spielen draußen einfach nicht ins Haus wollte. Es wurde etwas von mir erwartet, was ich nicht wollte, obwohl es lieb gemeint war. Ein solches „Komm“ durchzieht das Leben eines jeden Menschen. In der Schulzeit, wenn der Lehrer nach vorne zur Tafel bittet, im Beruf, wenn der Vorgesetzte den Mitarbeiter zitiert, in der Partnerschaft, wenn man gerade etwas Wichtiges am erledigen ist und am wenigsten gestört werden möchte, in plötzlichen Krisensituationen in der Familie, wenn das Handy klingelt und es heißt „ Komm schnell, es ist was mit ....“, oder, wenn beim Wandern ein Unwetter aufzieht und man einander sagt – „komm, schnell weg hier!“ Das „komm“ hat dann – je nach Betonung - oft etwas Lästiges, Unangenehmes, ja, manchmal etwas Erschreckendes, Änstigendes.
Aber ein „komm“ kann auch ganz anders sein. „Komm, wir fahren gleich los zu Oma“ – das klang als Kind schon besser, wusste ich doch, Oma hatte bestimmt wieder was Schönes für mich und überhaupt – Oma war die Beste, voller Güte und Nachsicht. Auch das „komm“, wenn Freunde einladen, zu ihnen zu kommen, wenn Liebende auf das Wort „Komm“ es kaum erwarten können, einander wieder zu sehen – dann ist „Komm“ ein so liebevolles Wort, ein spannendes Wort, das das Herz leicht und froh macht, wenn man es zulässt und nicht mit zweifelnden Gedanken den Zugang verwehrt.
Es ist schön, wenn man zu jemandem kommen kann, der in allen Situationen des Lebens für uns da ist, der uns so sieht und annimmt, wie wir sind – mit all unseren Stärken und Schwächen. Jemand, der nicht urteilt und verurteilt, der uns mit den Augen der Liebe sieht. Uns allen ist mit Jesus dieser Begleiter in unserem Leben geschenkt. Er sagt uns, kommt zu mir, wenn ihr mühselig und beladen seid. Er lädt uns ein, wir dürfen zu ihm kommen, alles an ihn abgeben, was uns bedrückt, ihm aber auch das Positive und Gelingende darlegen – und auch danken, für all das, was uns Gutes und Schönes geschenkt wird – im Kleinen wie im Großen. Und am Ende unseres Lebens wartet das „Komm“ auf uns, mit dem uns Gott in sein Reich einlädt, voller Güte, Nachsicht und Liebe. Eine noch schönere Perspektive, als zu Oma fahren zu können....
Rainer Martini, Caritasverband Mosel-Eifel-Hunsrück e.V.