Die letzte Nacht
Vor gut zwei Wochen wurden in Wittlich-Wengerohr zwei Weltkriegsbomben gefunden. Die Feuerwehr informierte die Anwohner über den Fund und die notwendige Evakuierung. Einerseits Routine, es war nicht der erste Fund, und es war bisher noch immer gutgegangen. Andererseits lag eine gewisse Spannung in der Luft, die sich erst mit der Entwarnung am Sonntagmorgen löste.
Just am Tag dieses Bombenfundes ging die Nachricht vom Angriff der Hamas auf Israel durch die Welt. Noch ein Krieg, als wären die militärischen Konflikte in der Ukraine, in Syrien, Mali und anderswo nicht genug.
Mir fiel ein Ereignis ein, von dem mein Onkel immer wieder erzählt. Damals, im Frühjahr 1945, war er 7 Jahre alt. Das Dorf lag unter Beschuss. Hausbewohner und Nachbarn verbrachten „die letzte Nacht“ im Keller. Dicht an dicht lagen alle auf einer provisorischen Holzpritsche. Lebhaft und anschaulich beschreibt mein Onkel das Hinhören auf die Abschüsse, das Heulen der Granaten, das angespannte Warten auf den Einschlag und die Erleichterung, dass das Haus nicht getroffen wurde.
Die Schrecken und Ängste dieser „letzten Nacht“ haben sich tief in sein Gedächtnis eingegraben.
Am nächsten Morgen waren die Amerikaner da. Für dieses Dorf war der 2. Weltkrieg zu Ende.
Nach über 70 Jahren werden immer noch Altlasten gefunden – materielle und immaterielle. Die Weltkriegsbomben kann man räumen und entschärfen. Was aber mit den belastenden Erinnerungen?
Obwohl wir Menschen um die Folgen von Kriegen wissen und ihre Langzeitwirkung über Generationen hinweg kennen, fällt es uns immer wieder schwer den Frieden zu leben – im Großen und im Kleinen.
In der biblischen Überlieferung gehören Gerechtigkeit und Frieden zusammen und sind Gegenstand göttlicher Verheißung. An diese Verheißung will ich glauben.
Gott entlässt uns nicht aus der Verantwortung. Er hat uns mit allem Notwendigen ausgestattet, um Frieden zu machen und zu halten. Er zählt auf uns.
Monika Bauer-Stutz, Wittlich-Wengerohr