Austreten ist auch keine Lösung
Zu den vielen Menschen, die in dieser Zeit die Kirchen verlassen, gehören auch Freunde, Bekannte und langjährige Weggefärten. Jeder Austritt schmerzt und ist eine Anfrage an mich: Warum bleibst du in einer Kirche, in der es so viel Versagen gibt, wo Macht regiert, wo die Hälfte der Menschheit diskriminiert wird …..Als ich mal mit meinem Sohn diese Frage diskutierte, meinte er: „Im Staat passt mir auch Vieles nicht, da kann ich auch nicht einfach austreten!“ Die frohe Botschaft Jesu fasziniert mich bis in mein Alter, gibt mir Mut, Kraft, Freude, Zuversicht und Hoffnung. Christ-sein ist an Gemeinschaft wie die Kirche gebunden. Zur Weitergabe des Glaubens be-darf diese Kirche auch einer festen Struktur.
Die unzähligen Mitchristen fallen mir bei der Frage des Kirchenaustrittes ein, die mit mir meinen Glaubensweg gegangen sind, faszinierende Menschen, glaubwürdig, begeisternd, echte Jesusnachfolger/innen. So wie der vor wenigen Wochen verstorbene Freund, mit dem ich seit Studientagen neue Wege gesucht und diskutiert habe. Oder die vielen jungen Menschen, die mir in meinem Beruf anvertraut waren und mit denen ich um unseren Glauben gerungen habe. Alle diese Menschen würde ich mit einem Austritt verraten. Und den Reformunwilligen und -unfähigen würde ich noch einen Gefallen tun! Nein, das ist auch meine Kirche. Die frohe, befreiende, heilsame Botschaft Jesu hat mich zeitlebens beflügelt, mich einzumischen und mich zu engagieren. Auch wenn ich öfters gescheitert bin und drohte zu resignieren, habe ich ei-niges erreichen können. Ich habe doch immer wieder eine Nische gefunden, in der ich mit anderen in Freiheit Kirche leben und gestalten konnte und noch darf. Dazu zählt auch das Projekt Autobahn- und Radwegekirche St. Paul Wittlich. All das bedenkend komme ich zu dem Schluss: Nein, Austreten ist keine Lösung!
Wolfram Viertelhaus. Lehrer i.R. Wittlich