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Altwerden ist nichts für Feiglinge

Datum:
3. Aug. 2024
Von:
Paul Plehazc

Diesen Satz habe ich vor einigen Jahren zum ersten Mal als Buchtitel von Joachim Fuchsberger gelesen. Ich hielt ihn für reichlich übertrieben, heute weiß ich es besser. Die Tatsache, dass wir nicht mehr so leistungsfähig sind wie zuvor, macht uns zu schaffen. Das Minimum ist plötzlich unser Maximum geworden. Wir verbrauchen viel Energie, um die Tatsache des Älterwerdens zu verschleiern. Statt dessen sollten wir sie einfach akzeptieren. Wir sind so alt wie wir sind. Trotz aller Hochs und Tiefs in unserem Leben sollten wir uns mit unserem Leben aussöhnen. Wenn wir uns nur bedauern und unseren Zustand bejammern, entwerten wir unsere spezielle Lebensgeschichte. Wer im Alter nicht mehr genießen kann, wird ungenießbar. Eine hilfreiche Handreichung für alle, die mit diesem Problem hadern, könnte das folgende Gebet, das Theresa von Avila zugeschrieben wird, sein:“ O, Herr, du weißt besser als ich, dass ich von Tag zu Tag älter werde. Und eines Tages alt sein werde. Bewahre mich vor der Einbildung, bei jeder Gelegenheit und zu jedem Thema etwas sagen zu müssen. Erlöse mich von der großen Leidenschaft, die Angelegenheiten anderer ordnen zu wollen. Lehre mich, nachdenklich, aber nicht diktatorisch zu sein. Bei meiner ungeheuren Ansammlung von Weisheiten erscheint es mir schade, sie nicht weiterzugeben – aber du verstehst, o Herr, dass ich mir ein paar Freunde erhalten möchte. Bewahre mich vor der Aufzählung endloser Einzelheiten und verleihe mir Schwingen, zur Pointe zu gelangen. Lehre mich schweigen über meine Krankheiten und Beschwerden. Sie nehmen zu – und die Lust, sie zu beschreiben, wächst von Jahr zu Jahr. Ich wage nicht, die Gabe zu erflehen, mir Krankheitsschilderungen anderer mit Freude anzuhören: aber lehre mich, sie geduldig zu ertragen. Lehre mich die wunderbare Weisheit, dass ich mich irren kann. Ich möchte kein Heiliger sein, mit ihnen lebt es sich so schwer, aber ein alter Griesgram ist das Krönungswerk des Teufels. Lehre mich, an anderen Menschen unerwartete Talente zu entdecken, und verleihe mir, o, Herr, die schöne Gabe, sie auch zu erwähnen.“ Vielleicht könnte dieses Gebet auch die Jüngeren inspirieren. Dann wäre allen geholfen. 

Paul Plehacz, Lehrer i. R.